Die Kritiker

«Mordkommission Königswinkel - Liebe bis in den Tod»

von   |  1 Kommentar

Das ZDF probiert eine neue Reihe aus – im Sommerloch, zwischen Wiederholungen. Kein Vertrauensbeweis: Der wäre inhaltlich auch nicht angebracht.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Lavinia Wilson als Julia Bachleitner
Vladimir Burlakov als Thomas Stark
Frederic Linkemann als Rainer Kessler
Johannes Zirner als Magnus Bachleitner
Thomas Unger als Peter Breitkreuz
Peter Schorn als Francesco Danesi
Hannes Jaenicke als Polizeidirektor Mehring

Hinter der Kamera:
Produktion: JoJo Film- und Fernsehproduktions GmbH
Drehbuch: Jürgen Werner
Regie: Thomas Nennstiel
Kamera: Reiner Lauter
Produzent: Dr. Eberhard Jost
Kommissar Thomas Stark (Vladimir Burlakov) bringt gerade seinen dreijährigen Haftaufenthalt zu Ende. Sein unterbeschäftigter, weil spielsüchtiger Anwalt holt ihn aus der Justizvollzugsanstalt ab, nachdem er das Urteil wegen diverser Verfahrensfehler aufheben lassen konnte. Stark soll vor drei Jahren seinen Kollegen bei der Kriminalpolizei ermordet haben, um einen befreundeten vermeintlichen Mafioso zu schützen.

Im Drehbuch von Jürgen Werner muss es jetzt schnell gehen: Also fährt sein Anwalt Stark nicht erst nach Hause, damit der sein zersplittertes Privatleben in Ordnung bringen kann, sondern direkt zur titelgebenden Mordkommission in Füssen. Stark will sofort wieder in den Dienst und obwohl seine neue Kollegin Julia Bachleitner (Lavinia Wilson) das mit aller Kraft auszubremsen versucht – schließlich ist Starks Unschuld ja keinesfalls bewiesen, und ist der Mann damit nicht noch brandgefährlich?, – scheinen dem gemeinsamen Vorgesetzten die Hände gebunden.

Arbeit ist derweil auch frisch eingetroffen. Denn dieser Dramaturgie ist kein Zufall zu doof: Etwa zeitgleich mit Starks Haftentlassung hat der Lech die Leiche eines örtlichen Journalisten angespült. Der hatte in letzter Zeit im Umfeld der örtlichen Mafia recherchiert; das Allgäu ist schließlich ein beliebter Rückzugsort für die organisierte Kriminalität von Kalabrien bis Sizilien. Und nachdem der Witwe die traurige Nachricht überbracht und vom archaischen Schwager des Opfers ein verschlüsselter USB-Stick mit möglicherweise brisanten Informationen in Empfang genommen worden ist, geht es direkt zum italienischen Restaurantbetreiber, der laut Bachleitner ein ranghohes Mafiamitglied ist. Für die verkompliziert sich die Sache freilich noch extrem: Stark steht mit dem Restaurantbetreiber/Mafioso nämlich auf Du und Du. Und hat der Kollege, dem Stark damals vielleicht doch das Licht ausgeknipst hat, nicht genau in dessen Umfeld ermittelt?

Lavinia Wilson und Vladimir Burlakov sehen angestrengt aus in diesem Film. Vermutlich, weil sich diese fahrigen Allgemeinplätze nicht anders kaschieren lassen, die ihnen dieses Buch aufbürdet. Denn die Spannungen zwischen ihren Figuren, die das Pressedossier des ZDF mit der abgestandenen Phrase „ungleiches Ermittlerpaar“ umschreibt, sollen hier auf die Spitze getrieben werden. Es fehlt nicht nur an einem Vertrauensverhältnis zwischen den beiden, nein: Kommissarin Bachleitner zieht zumindest die Möglichkeit in Betracht, dass ihr Partner ein eiskalter Mafiakiller ist.

Nun denn: Ein David Chase hätte aus dieser Prämisse mit erzählerischem Geschick und visueller Raffinesse ein starkes, einnehmendes Format entwickelt, und es so kompromisslos wie komplex erzählt. Doch beim ZDF will man das natürlich nicht. Stattdessen hat Jürgen Werner daraus einen Mitknobelkrimi geschrieben, in dem die beiden Ermittler einander frustrierte Gesichter zeigen und hin und wieder die Waffen gegeneinander erheben.

Nicht minder erstaunlich, wie uns die (vermeintlichen) Mafiosi vorgestellt werden: als kultivierte, geschniegelte Schönlinge, die ihren gewählten Wortschatz in sanfter Sprache artikulieren. Tony Soprano und seine Crew hätten was zu Lachen. Dafür passen die Klischees an anderer Stelle umso brutaler, nämlich beim archaischen Schwager des ermordeten Journalisten, der seinen grantelnden Dialekt spricht und mit zwei Kindern auf einem altbackenen Hof wohnt. Allgäukrimis ohne Landburschen mit Landmaschinen, das wäre ja wie Tony Soprano ohne Antidepressiva.

Um diesen Film, wie vom ZDF zumindest angedacht, als Auftakt für eine Reihe verwenden zu können, muss an anderer Stelle noch ein horizontaler Plot eingeführt werden. Der geht so: Julia Bachleitner ist mit dem schnieken Landrat verheiratet, der – ein weiteres Klischee: öffentliche Korruption in Süddeutschland – natürlich beste persönliche Beziehungen zum örtlichen Polizeidirektor hat. Alle drei haben gemeinsam, dass sie dem nun entlasteten Stark nicht über den Weg trauen, und die Männer bitten Julia, diesen dubiosen Kommissar nicht aus den Augen zu lassen, um ihn bei der ersten Gelegenheit wieder einbuchten zu können.

Dass das ZDF «Mordkommission Königswinkel – Liebe bis über den Tod» mitten im Sommerloch zwischen beliebigen Wiederholungen ausstrahlt, ist freilich kein Vertrauensbeweis, sondern zeigt vielmehr eine realistische Einschätzung, wie eine etwaige Fortsetzung in Reihenform das Fernsehfilmportfolio des Senders positiv erweitern könnte: nämlich gar nicht. Von beliebigen Formaten mit „ungleichen Ermittlerpaaren“, die um Klischees herumgeschrieben werden, hat der Sender mehr als genug.

Das ZDF zeigt «Mordkommission Königswinkel – Liebe bis in den Tod» am Montag, den 10. Juli um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/94280
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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
07.07.2017 13:12 Uhr 1
Tja, der eigentlich ganz gute Montags - Film hat in letzter Zeit leider etwas nachgelassen...und, wenn ich diese Kritik lese, habe ich auch zu diesem Film fast kein Bedürfnis...



Tja, da sind das wohl zu "Helen Dorn" und "Kommissarin Heller" ganz krasse Qualitäts - Unterschiede....
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